ALLGEMEINE ZEITUNG, MAINZ  22. JANUAR 2000
 

EIN DEBÜT IM WOHNZIMMER

Seit 20 Jahren im internationalen Kunstmarkt: Galerie van der Koelen

Von Birgitta Melten

Drei Monate nach dem Abitur eröffnete Dorothea van der Koelen im Wohnzimmer ihres Elternhauses ihre erste Ausstellung. Da war sie 19, und nach zwei Wochen wusste sie: "Das ist mein Leben". Bald annektierte die Kunst auch die übrigen Räume des Hauses Hinter der Kapelle 54. Aus der ersten Ausstellung dort wurden bisher 100.

In den jetzt 20 Jahren ihres Bestehens hat die Galerie internationale Sammler und einen hochkarätigen Künstlerkreis an sich gebunden. Jene werden auch auf den Messen vorgestellt. 1981 hatte Dorothea van der Koelen erstmals die Chance dazu - und das gleich in Basel. Da war sie 21.

Zu ihrem Programm zählen solche Namen wie Günther Uecker, Raimund Girke, Eduardo Chillida, François Morellet, Richard Long und David Rabinowitch. Viele dieser künstlerischen "Anarchisten, aber nicht Terroristen" vertritt sie schon seit Mitte der 80er Jahre. Da war sie 25 und studierte "neben" ihrer Galerie Kunstgeschichte und Buchwesen an der Universität Mainz.

Was lag da näher, als noch einen Verlag zu gründen? Seit 1986 hat sie in der Reihe "Dokumente unserer Zeit" 25 Kataloge herausgegeben, die als Buchversionen auch in dem 1996 hinzu gekommenen "Chorus-Verlag für Kunst und Wissenschaft" erscheinen. Kein Wunder also, dass ihre Galerie mittlerweile mehrere Beschäftigte und zwölf Telefone zählt. Und damit noch nicht genug, schreibt die energiegeladene Galeristin weitere Bücher, unter anderem über den italienischen Video-Künstler Fabrizio Plessi: Ein aufwändiges Werksverzeichnis in Zusammenarbeit mit dem Guggenheim-Museum New York.

Die Kooperation mit renommierten Ausstellungshäusern ist ohnehin einer der vielen Aspekte ihrer Tätigkeit. So kuratiert sie neben den eigenen Ausstellungen, die seit 1989 neben ihrer Bretzenheimer Adresse auch noch in einer 600-Quadratmeter-Halle in Laubenheim (Dammweg 7a) gezeigt werden, auch Präsentationen in Museen - und das auch in so entlegenen Gebieten wie in den Vereinigten Arabischen Emiraten. Dabei habe sie immer auch die Form einer Schau vor Augen: "Mir liegt viel daran, ein Werk, das ich schätze, von seiner besten Seite zu zeigen."

Auch Schönheit, sagt sie, könne wissenschaftlich sein. Und umgekehrt. Von Anfang an habe sie sich für "Ideen-Kunst" begeistert, für raumbezogene, konkrete Arbeiten mit konzeptuellem Charakter. Beim Aufbau ihres Programms sei es ihr nicht um Vollständigkeit gegangen, sondern um Individualität: "Uecker, aber nicht Zero, Long, aber nicht Landart".

So zeigt die Jubiläumsschau an beiden Veranstaltungsorten ebenfalls eine breite Palette an Werken, die auch das Thema 20 aufgreifen: Von den jungen Skulpturen Gottfried Honeggers, den dynamischen Gemälden Girkes und den genialen Denkspielen von Morellet bis zu den wuchtigen Bodenarbeiten eines Rabinowitsch und den pilosophisch-puristischen Bildern von Heinz Gappmayr, über den die Galeristin damals promovierte.

Insgesamt 20 Künstler an der Zahl, darunter auch einige, die hier erstmals ausgestellt werden. Eine Retrospektive habe sie bewusst nicht zeigen wollen, so Dorothea van der Koelen, "das kann ich zum 50-jährigen Bestehen noch machen". Dann wird sie 69 sein.